WICHTIG: Die 10xDNA-Fonds sind derzeit nicht mehr in Li-Cycle investiert. Die Gründe dafür haben wir in einem Post zur Auflösung der Position dargelegt.
Li-Cycle ist eines der spannendsten Unternehmen in der Batterieindustrie und spezialisiert sich auf das Recyclen von Lithium-Ionen-Batterien (LIBs), die in einer Vielzahl von technischen Geräten eingesetzt werden, u.a. in E-Autos, Handys und Laptops. Während des Recycling-Prozesses gewinnt Li-Cycle die in LIBs verbauten Rohmaterialien zurück und verkauft sie anschließend wieder in den Markt. Auf diese Art können die Rohmaterialien für den Bau neuer Geräte wiederverwendet werden. Das Unternehmen wurde 2016 in Ontario, Kanada gegründet und ging im August 2021 über einen SPAC-Merger an die New Yorker Börse.
Li-Cycle hat zwei Arten von Recyclingfabriken: “Hubs” und “Spokes”. Mehrere Spokes, in denen die Erstverarbeitung der zu recycelten LIBs geschieht, sind bereits in Betrieb. Die LIBs werden dort mechanisch zerkleinert, wodurch das Elektrodenmaterial, die sogenannte “Black Mass”, und andere Materialien des Batteriepacks (u.a. Aluminium und Kupfer) voneinander getrennt werden. Der zweite und profitablere Teil des Recycling-Prozesses findet in den Hubs statt, in denen wertvolle Metalle aus der Black Mass chemisch zurückgewonnen werden. Li-Cycles Hubs befinden sich aktuell noch im Aufbau und sollen ab 2023 in Betrieb gehen.
LIB-Recycling ist aus unserer Sicht ein Markt mit enormem Zukunftspotential, da es ein unabdingbarer Baustein für die Elektrifizierung des Verkehrs und den Weg in eine nachhaltigere Zukunft ist. Aktuell wird nur ein Bruchteil der ausgemusterten LIBs vollständig recycelt. Der überwiegende Teil wird entweder auf Mülldeponien entsorgt oder in nicht spezialisierten Recyclinganlagen verbrannt. Nur ein kleiner Anteil der wertvollen Rohmaterialien wird aktuell zurückgewonnen.
Dies ist in zweifacher Hinsicht problematisch: Erstens enthalten LIBs viele wertvolle Rohmaterialien, z.B. Nickel, Kobalt und Lithium, die auf die Art ganz oder teilweise verloren gehen. Für neue LIBs müssen somit immer neue Materialien abgebaut werden, was Kosten erhöht und die endlichen Ressourcen der Erde belastet. Zweitens kann das Entsorgen auf Mülldeponien und das Verbrennen der Batterien aufgrund der giftigen Chemikalien und der Emissionen zu erheblichen Umweltbelastungen führen.
Li-Cycle löst das Problem, indem es bis zu 95% der Rohmaterialien in LIBs durch einen spezialisierten und umweltfreundlichen Prozess recycelt. Die recycelten Materialien haben die selbe Qualität wie neu abgebaute Materialien und können so einem nachhaltigen Kreislaufprozess zugeführt und beliebig oft in Batterien oder anderen Geräten wiederverwendet werden. Statt neu abgebaute Rohmaterialien um die halbe Welt zu verschiffen, können LIB-Hersteller die Materialien direkt aus ausgemusterten LIBs aus derselben Region beziehen, was die begrenzten natürlichen Ressourcen der Erde schont, die Umwelt geschützt und gleichzeitig noch ein profitables Geschäftsmodell ergibt. Nachfolgend erläutern wir unsere vier Kernhypothesen, die Li-Cycle für uns zu einem aussichtsreichen Investment machen:
Die Nachfrage nach recycelten Rohmaterialien wird massiv ansteigen
Elektromobilität, Nachhaltigkeitsinitiativen, lokale Lieferketten sowie steigende Rohmaterialpreise sorgen für starkes Wachstum des Recyclingmarkts für LIBsLi-Cycle hat einen technologisch führenden, nachhaltigen und profitablen Recyclingprozess
Li-Cycles zweistufiger Recyclingprozess, bei dem die wertvollen Rohmaterialien über ein hydrometallurgisches Verfahren zurückgewonnen werden ist effizient und kostengünstigLi-Cycle hat ein technisch starkes Managementteam mit einer durchdachten Strategie
Li-Cycles Team bringt die richtige technische Expertise mit und optimiert mit der gewählten Strategie Kosten und SkaleneffekteLi-Cycle hat einen starken First-Mover-Vorteil und limitierte Konkurrenz in Nordamerika
Li-Cycle wird langfristig den signifikanten Marktanteil im nordamerikanischen Batterierecyclingmarkt beibehalten können
1. Die Nachfrage nach recycelten Rohmaterialien wird massiv ansteigen
Wir sehen vier Hauptgründe, warum der Markt für recycelte Rohmaterialien aus LIBs über die nächsten Jahre massiv wachsen wird.
Elektrifizierung des Straßenverkehrs
Der Verbrennungsmotor wird im Straßenverkehr über die nächsten Jahre fast vollständig durch elektrische Antriebe ersetzt werden. Da ein Großteil aller LIBs im Bereich Elektromobilität eingesetzt wird, wird dies die Nachfrage nach LIBs über die nächsten Jahre vervielfachen. Schätzungen gehen davon aus, dass die jährlich produzierte Batteriekapazität von 0,6 TWh in 2020 auf 2 bis 10 TWh in 2030 steigen wird, was ungefähr 8 bis 40 Millionen Tonnen produzierten LIBs in 2030 gegenüber 3 Millionen Tonnen in 2020 entspricht. Entsprechend wird die Nachfrage nach den Rohmaterialien, ob recycelt oder unrecycelt, massiv steigen. Es wird erwartet, dass die Nachfrage deutlich über dem Angebot liegen wird. Die Materialkosten machen bei einer LIB ca. 60% bis 80% der Gesamtkosten aus, was verdeutlicht wie wichtig das Thema für Auto- und LIB-Hersteller werden wird.
Nachhaltigkeit und Regulierung
Für die Herstellung von LIBs werden heute überwiegend unrecycelte, “frisch” abgebaute Materialien verwendet. Insbesondere das Metall Kobalt ist in diesem Kontext kritisch, da es zu über 70% aus dem Kongo stammt und dort oft unter menschenrechtlich und ökologisch zweifelhaften Bedingungen gewonnen wird. Verbraucher und Produzenten legen jedoch zunehmend Wert darauf, dass LIBs auf nachhaltigem Wege hergestellt und ökologische und soziale Standards eingehalten werden. In Europa, China und Nordamerika sind bereits Gesetze in Kraft bzw. geplant, die das Recycling der Materialien aus ausgemusterten LIBs verpflichtend machen, weshalb LIB- und Autohersteller nach geeigneten Recycling-Lösungen suchen. All dies wird den Markt für “saubere” recycelte Rohmaterialien stark vergrößern.
Lokale Lieferketten
Die Covid-19-Pandemie hat große Lieferprobleme in der Industrie mit sich gebracht und gezeigt, wie anfällig globale Lieferketten für Störungen sein können, die außerhalb des Einflusses von Unternehmen liegen. Um diese Risiken sowie die damit einhergehenden Kosten zu minimieren und unabhängiger zu werden, versuchen u.a. Batterie- und Autohersteller vermehrt auf lokale Zulieferer zu setzen. Dieser Trend begünstigt LIB-Recycling, da hier die Rohmaterialien durch “Urban Mining” direkt aus den ausgemusterten Batterien in derselben Region gewonnen werden, ohne sie aufwändig um die halbe Welt zu verschiffen. Die Sicherheit und Planbarkeit der Lieferketten erhöht sich.
Steigende Rohmaterialpreise
Die massiv steigende Nachfrage nach LIBs kann in den kommenden Jahren zu Knappheiten von bestimmten Materialien wie Lithium, Nickel und Kobalt auf dem Weltmarkt führen. Hinzu kommt, dass Umweltaspekte bei der Förderung, z.B. über CO₂-Steuern, zunehmend eingepreist werden. Die Preise für diese Materialien werden sich entsprechend erhöhen. In 2021 ist beispielsweise der Preis für Lithiumcarbonat, einem Ausgangsmaterial der LIB-Produktion, um das Fünffache gestiegen. Wir erwarten, dass sich dieser Trend nicht nur bei Lithium fortsetzt und der Markt für LIB-Rohmaterialien auch in Zukunft stark angebotslimitiert bleibt, was LIB-Recycling umso profitabler und attraktiver machen wird.
Der Recyclingbedarf steigt früher als erwartet
Anders als teilweise erwartet, wird die Menge an ausgemusterten Batterien aus unserer Sicht nicht erst Richtung 2030 stark zunehmen, wenn die meisten vor 2020 produzierten E-Autos das Ende ihrer Lebensdauer erreichen. Tatsächlich sehen wir, dass die Menge an Alt-Batterien bereits heute stark zunimmt, weil in der Batterieproduktion große Mengen an Ausschuss anfallen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Ausschussquote in modernen Batteriefabriken bei 5-10% liegt, zu Beginn der Produktion teils noch deutlich höher. Der Ausschuss kommt zustande, wenn Batterien nach dem aufwändigen und fehleranfälligen Herstellungsprozess die anspruchsvollen Qualitätsmerkmale der Hersteller nicht erfüllen. Die Zunahme an verfügbaren Alt-Batterien erfolgt somit zeitgleich mit dem Hochfahren der E-Autoproduktion, d.h. heute schon und nicht erst um mehrere Jahre nachgelagert. Weitere unmittelbare Quellen für Alt-Batterien in der Autoindustrie sind Unfälle und Rückrufaktionen.
Bei Ausschussbatterien ist die Sinnhaftigkeit von Recycling noch offensichtlicher, da die Batteriematerialien sonst verloren gingen, ohne auch nur ein einziges Mal benutzt worden zu sein, was ökologisch und ökonomisch problematisch ist. Aus diesem Grund suchen große Batteriehersteller bereits heute Kooperationspartner, um die Materialien aus dem Ausschuss direkt wiederverwerten zu können. Li-Cycle hat unter anderem mit dem Batteriehersteller Ultium, einem Joint Venture von General Motors und LG Energy Solutions, einen langjährigen Abnahmevertrag geschlossen und wird 100% der Ausschussbatterien recyceln, die in Ultiums 30 GWh-Batteriefabrik in Ohio anfallen. Die recycelten Rohmaterialien können direkt wieder in der LIB-Produktion oder auch in anderen Industrien genutzt werden, wodurch sich der Materialkreislauf schließt.
Risiken
Wir halten den starken Anstieg der Nachfrage nach recycelten Batteriematerialien langfristig für unausweichlich. Dennoch könnten verschiedene Gründe diese Entwicklung verlangsamen. So zum Beispiel, wenn die angesprochene Regulierung nicht wie erwartet zeitnah und mit der nötigen Schärfe umgesetzt wird. Auch ein unvorhersehbarer starker Fall der Weltmarktpreise für Metalle würde sich negativ auf die Profitabilität von LIB-Recycling und das Wachstum des Marktes auswirken.
Da der LIB-Recyclingmarkt in den kommenden Jahren sehr stark von Ausschussbatterien abhängt, besteht ein weiteres Risiko darin, dass Batteriehersteller ihre Produktion nicht in dem Maß hochfahren wie geplant oder es schaffen, die Ausschussquoten signifikant unter 5% zu senken und damit das Wachstum des Recycling-Marktes zu verzögern. Wir halten diese Risiken in den nächsten Jahren jedoch für sehr gering, da es im Moment keine Anzeichen für einen Trend in diese Richtung gibt. Das Wachstum bei der Nachfrage nach E-Autos wird aus unserer Sicht weiter zunehmen, sodass viele neue Batteriefabriken gebaut werden. Gerade diese neuen Fabriken müssen zahlreiche Herausforderungen beim Hochfahren der Produktion lösen und haben entsprechend hohe Ausschussquoten, weshalb die durchschnittliche Ausschussquote insgesamt mindestens konstant bleiben dürfte.
2. Li-Cycle hat einen technologisch führenden, nachhaltigen und profitablen Recyclingprozess
Aus unserer Sicht ist Li-Cycle einer der technologisch führenden Anbieter von LIB-Recycling weltweit. Der Recycling-Prozess besteht aus zwei Teilen:
- Einer mechanischen Erstverarbeitung der LIBs
- Einem hydrometallurgischen Prozess zur chemischen Rückgewinnung der wertvollen Rohmaterialien
Mechanische Erstverarbeitung in Spokes
In Li-Cycles Spokes findet die Erstverarbeitung der ausgemusterten LIBs statt. Die Batterien werden dort als Ganzes und mit verbleibender Restladung angeliefert und dann in einem Schredder mechanisch zerkleinert. Dieser Schritt findet in einer Neutralisationslösung statt, die die verbleibende Energie der LIBs aufnimmt und abführt sowie ungewollte chemische Reaktionen der enthaltenen Materialien verhindert. Im Anschluss wird die Black Mass (das zerkleinerte Elektrodenmaterial) von den übrigen Materialien der LIB in einem mehrstufigen mechanischen Prozess getrennt und zu Li-Cycles Hub weitertransportiert, um die vielen darin enthaltenen wertvollen Rohstoffe, u.a. Lithium, Kobalt und Nickel, zurückzugewinnen. Die übrigen Materialien aus den Komponenten des Batteriepacks, hauptsächlich Plastik, Aluminium und Kupfer, liegen nach dem Spoke-Prozess bereits in reiner Form vor und werden von Li-Cycle direkt wieder in den Markt verkauft.
Li-Cycles mechanischer Prozess ist aus mehreren Gründen effizient:
-
Anders als bei vielen anderen Recyclingprozessen ist der Prozess bei Li-Cycle voll automatisiert und benötigt nahezu keine manuellen Arbeitsschritte, was die Kosten gering hält und die Gefahr von Unfällen senkt. Lediglich für die Anlieferung der LIBs sowie zur Überwachung und Wartung des Prozesses werden Fachkräfte benötigt.
-
Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Batterien in ihrem unveränderten Ladezustand, d.h. ohne vorheriges Entladen, verarbeitet werden können. Damit unterscheidet sich Li-Cycle von vielen anderen Recyclingfirmen, bei denen die Batterien zunächst manuell entladen und oft auch zerlegt werden müssen, bevor sie den eigentlich Recyclingprozess durchlaufen können.
-
Li-Cycle benötigt kaum spezialisierte Hardware, sondern nutzt für diesen mechanischen Prozess weitestgehend Standard-Equipment, das leicht erhältlich und somit relativ kostengünstig ist. Die Neutralisierungslösung basiert laut Li-Cycles Patenten auf einfachem Salzwasser und ist somit ebenfalls extrem günstig in der Beschaffung. Da die Lösung nicht an chemischen Prozessen teilnimmt, muss sie nicht oft ausgetauscht werden, was die Kosten weiter senkt und Abwasser vermeidet.
-
Der Prozess ist agnostisch gegenüber den Arten von LIBs, die verarbeitet werden. Jegliche Zellformen (zylindrisch, prismatisch oder Pouch), Größen (von einzelnen Knopfbatteriezellen bis zu vollständigen Autobatteriepacks) und Zellchemien (NMC, LFP etc.) können verarbeitet werden, was die Flexibilität maximiert und Arbeitsaufwand minimiert. Somit ist Li-Cycle gewappnet für jegliche zukünftige Veränderungen in der LIB-Technologie, unter anderem auch für Feststoffbatterien, die ebenfalls mit diesem Prozess verarbeitet werden können.
Hydrometallurgischer Prozess in Hubs
Die überwiegende Mehrheit der heutigen Recyclingfirmen nutzen sog. pyrometallurgische Verfahren, bei denen die LIBs in einem Ofen auf 800-1.300°C erhitzt und eingeschmolzen werden. Pyrometallurgische Verfahren sind technisch ausgereift und relativ einfach, u.a. weil wenig mechanische Zerkleinerung nötig ist, benötigen jedoch sehr viel Energie, viel menschliche Arbeitskraft und belasten die Umwelt durch die entstehenden Emissionen stark. Außerdem gehen viele der Rohstoffe einer LIB bei dem Verbrennungsprozess verloren, z.B. Graphit, Aluminium und oft auch Lithium, weswegen in nicht spezialisierten Verfahren meist nicht mehr als ~50% aller Materialien (hauptsächlich Nickel, Kobalt und Kupfer) aus einer LIB zurückgewonnen werden kann. Aus den genannten Gründen stehen wir pyrometallurgischen Verfahren beim Recycling von LIBs kritisch gegenüber.
Im Gegensatz dazu verwendet Li-Cycle einen hydrometallurgischen Prozess in seinen Hubs, mit dem bis zu 95% aller Rohstoffe aus der Black Mass zurückgewonnen werden können. Wie in der obigen vereinfachten Grafik dargestellt, besteht der Hub-Prozess aus einem mehrstufigen Verfahren, bei dem die Black Mass zunächst in Säure aufgelöst wird und die verschiedenen Materialien dann sukzessive mithilfe von weiteren Säuren und Basen ausgefällt werden.
Ein großer Vorteil dieses hydrometallurgischen Prozesses ist der höhere Reinheitsgrad, der bei den recycelten Materialien erreicht werden kann. Außerdem findet der gesamte Prozess bei relativ niedrigen Temperaturen von unter 95°C statt und vermeidet so Emissionen sowie hohen Energieverbrauch. Die laut Li-Cycles Patenten hauptsächlich verwendeten chemischen Substanzen sind Schwefelsäure (H₂SO₄), Wasserstoffperoxid (H₂O₂), Natriumhydroxid (NaOH) und Natriumcarbonat (Na₂CO₃), alles handelsübliche Waren, die günstig und einfach zu kaufen sind.
Basierend auf Li-Cycles Patenten haben wir eigene Berechnungen durchgeführt und dabei die Energie- und Chemikalienkosten in einem Worst-Case-Szenario abgeleitet. Unsere Analysen zeigen, dass Li-Cycles patentierter hydrometallurgischer Prozess Energie- und Chemikalienkosten verursacht, die jeweils weniger als 10% der mit den recycelten Materialien erzielbaren Umsätze ausmachen. Da Energie- und Chemikalienkosten bei hydrometallurgischen Prozessen den größten Anteil der direkten Kosten ausmachen, hat Li-Cycle aus unserer Sicht das Potential hohe Bruttomargen zu erreichen.
Risiken
Entscheidend für Li-Cycles Erfolg wird es sein, den hydrometallurgischen Hub-Prozess, der bisher nur in Pilotanlagen entwickelt und getestet wurde, zu skalieren. Dabei können immer auch unvorhergesehene Probleme auftreten, die neue Lösungsansätze erfordern. Hierbei wird insbesondere auch die technische Expertise des Managementteams, die wir in der nächsten Hypothese beleuchten, entscheidend für den Erfolg sein.
3. Li-Cycle hat ein technisch starkes Managementteam mit einer durchdachten Strategie
Li-Cycle wurde 2016 von Ajay Kochhar und Tim Johnston gegründet und wird auch heute noch von ihnen als CEO bzw. Executive Chairman geführt. Kochhar ist Chemieingenieur und hat zuvor im Bereich Cleantech-Projektentwicklung gearbeitet. Johnston ist Maschinenbauer und hat lange als Berater für Lieferketten im Bereich Lithium-Ionen-Batterien gearbeitet. Beide halten signifikante Unternehmensanteile an Li-Cycle (Kochhar: ~15%, Johnston: ~7%), was eine gleichgerichtete Incentivierung mit externen Investoren sicherstellt. Auch der Rest des Managementteams ist aus unserer Sicht sehr gut besetzt, beispielsweise mit einem Chemieingenieur mit langjähriger Erfahrung in der Bergbauindustrie als CTO. Insgesamt erfüllt das Team damit genau die Kriterien, die für uns im Management unserer Portfoliounternehmen ausschlaggebend sind.
Li-Cycles Strategie ist es, den Recyclingprozess in einem “Hub-Spoke-Modell” in zwei separaten Stufen umzusetzen, um Effizienz und Kosten zu optimieren. Da ausgemusterte Batterien aufgrund der von ihnen ausgehenden Brandgefahr Gefahrgut sind, wäre der Transport über weite Strecken extrem teuer. Deshalb findet die mechanische Erstverarbeitung in Li-Cycles Spokes dezentral in der Nähe großer Quellen wie Batteriefabriken statt, um Transportwege kurz zu halten. Nach der mechanischen Verarbeitung in den Spokes ist die Black Mass kein Gefahrgut mehr und kann somit kostengünstig über weite Strecken zu den zentralen Hubs transportiert werden. Dort wird sie dann unter Ausnutzung von Skaleneffekten effizient recycelt.
Li-Cycle plant insgesamt 21 Spokes (4 in Nordamerika, 6 in Europa und 11 in Asien) und vier Hubs (eines in Nordamerika, 3 in Asien). Aktuell sind davon bereits zwei nordamerikanische Spokes (Kingston, Ontario und Rochester, New York) in Betrieb, die erste Umsätze generieren, indem sie die Black Mass an Traxys, einen großen Dienstleister in der Metall- und Bergbauindustrie, verkaufen. Der erste Hub befindet sich aktuell im Bau und wird aller Voraussicht nach 2023 mit der Produktion beginnen. Während alle Fabriken in Nordamerika vollständig von Li-Cycle betrieben werden, sind in Europa und Asien auch Joint Ventures und M&A-Aktivitäten geplant.
Beim SPAC-Börsengang in 2021 hat Li-Cycle ca. 560 Millionen Dollar Cash eingesammelt, was einen Großteil der Expansion bis 2025 finanzieren wird. Da Li-Cycle plant, ab 2024 Cashflow-positiv zu sein, erwarten wir, dass sich der verbleibende Teil der Expansion dann aus eigenen Mitteln finanzieren lässt.
Risiken
Zwar lassen sich im Grunde auch die bereits heute bestehenden Spokes profitabel betreiben, um jedoch den geplanten Umsatz von knapp 1 Milliarde Dollar sowie EBITDA-Margen über 50% in 2025 zu erreichen, muss es Li-Cycle gelingen, in den nächsten Jahren die profitableren Hubs in Betrieb zu nehmen. Sollte dies nicht im vorgesehenen Ausmaß und Zeitraum passieren, so würde sich der Expansionskurs verlangsamen und der Aktienkurs signifikant unter Druck geraten. Die saubere und fristgerechte Ausführung der Expansionspläne ist daher aus unserer Sicht entscheidend, auch wenn die Arbeiten aktuell auf einem guten Weg sind.
4. Starker First-Mover-Vorteil und limitierte Konkurrenz in Nordamerika
Unternehmen wie Li-Cycle, die sich früh im LIB-Recycling-Markt etablieren, haben aus unserer Sicht große Chancen, in diesem Markt auch langfristig erfolgreich zu sein und signifikante Marktanteile zu gewinnen. Das liegt an den Skaleneffekten bei der Rückgewinnung der wertvollen Materialien aus der Black Mass. Dadurch haben die ersten Unternehmen, die eine gewisse Größe erreichen, große Kosten- bzw. Profitabilitätsvorteile gegenüber kleineren Anbietern, wodurch sich die Markteintrittsbarrieren erhöhen. Die Erfahrung und die weiteren Prozessoptimierungen nach der ersten Skalierung des Recyclingprozesses werden es anderen Unternehmen zunehmend erschweren, diesen Vorsprung wieder aufzuholen.
Li-Cycle ist aus unserer Sicht im nordamerikanischen Markt der am weitesten entwickelte Player mit einem Marktanteil von ungefähr 30%. Erwähnenswerte Konkurrenten sind Redwood Materials und American Manganese, die jedoch beide ein etwas anderes Geschäftsmodell verfolgen: Redwood Materials recycelt LIBs mit einem teilweise pyrometallurgischen Verfahren und plant außerdem auch selber Kathoden- und Anodenmaterial für LIBs herzustellen. American Manganese plant keine eigenen Recycling-Anlagen, sondern wird die eigene Technologie ab 2023 an andere Firmen auslizensieren. Beide Konkurrenten befinden sich noch in einem früheren Entwicklungsstadium als Li-Cycle. Insgesamt sind wir überzeugt, dass sich Li-Cycle langfristig als der größte LIB-Recyclinganbieter in Nordamerika etablieren wird. In Europa und Asien gibt es deutlich mehr Konkurrenten. Da Li-Cycle hier zunächst jedoch nur mit einem kleineren Marktanteil plant und der Markt auf absehbare Zeit groß genug für mehrere Player bleiben dürfte, sehen wir Li-Cycles Pläne für die Expansion in diese Regionen ebenfalls als machbar an.
Risiken
Ein potentielles Risiko ist der breite Eintritt der großen Batteriehersteller in den LIB-Recyclingmarkt. Aufgrund ihrer starken Finanzkraft könnten sie signifikant investieren und spezialisierten Recycling-Unternehmen wie Li-Cycle Konkurrenz machen. Aus zwei Gründen halten wir das Risiko jedoch für überschaubar: 1. LIB-Produzenten werden sich aus unserer Sicht in den nächsten Jahren hauptsächlich darauf fokussieren, den enorm steigenden LIB-Bedarf zu bedienen und ihre Produktion entsprechend hochfahren. Investitionen werden daher vorwiegend in ihr Kerngeschäft fließen. Wir sehen die Tendenz, dass sich viele Batteriehersteller eher mit Recyclingunternehmen zusammenschließen, statt im großen Maße eigene Recycling-Expertise aufzubauen. Ein Beispiel ist Li-Cycles kürzlich verkündete Zusammenarbeit mit LG Energy Solutions, die auch ein Kapitalinvestment in Li-Cycle umfasst. 2. Einen konkurrenzfähigen LIB-Recyclingprozess zu entwickeln und zu skalieren ist technisch komplex und würde selbst mit viel monetärem Investment mehrere Jahre dauern. Aufgrund des mehrjährigen Vorsprungs auf diesem Gebiet sowie des starken Marktwachstums dürfte Li-Cycle selbst in diesem Fall eine starke Position im LIB-Recyclingmarkt behalten.
ESG-Analyse
Wir sehen Li-Cycle in allen ESG-Kategorien als vorbildliches Unternehmen.
Umwelt
Einen stark positiven Einfluss auf die Umwelt hat Li-Cycle allein schon aufgrund der Natur des Geschäftsmodells. Li-Cycle sorgt dafür, dass wertvolle Rohstoffe in ein nachhaltiges Kreislaufsystem gelangen und verringert so umweltschädigenden Abbau und Entsorgung endlicher Rohstoffe. Hervorzuheben ist, dass Li-Cycles Fabriken fast kein Abwasser und keine direkten Emissionen produzieren, was sie insbesondere von pyrometallurgischen Recyclingfirmen unterscheidet und für uns der richtige Weg ist. Verglichen mit herkömmlich abgebauten Materialien, reduziert Li-Cycle laut eigenen Angaben die CO₂-Emissionen im Lebenszyklus von Batteriematerialien um bis zu 67%. Der Wasserverbrauch sinkt sogar um mehr als 97%.
Soziales
Li-Cycle legt großen Wert darauf, einen positiven Impact im Bereich Soziales zu erzeugen und ein in allen Bereichen attraktiver Arbeitgeber zu sein. Die Gesundheit und Arbeitssicherheit der Mitarbeiter nehmen einen hohen Stellenwert ein, was sich u.a. durch die bereits in 2018 erfolgte Zertifizierung nach ISO 45001 widerspiegelt. Darüber hinaus engagiert sich Li-Cycle auch gesellschaftlich, z.B. indem es eine gemeinnützige Organisationen unterstützt, die Menschen mit niedrigem Einkommen beim Zugang zu Technologie hilft.
Governance
In Sachen Governance haben wir bisher ebenfalls keine Auffälligkeiten bei Li-Cycle entdeckt und alles deutet daraufhin, dass Li-Cycle die üblichen Best Practices der Unternehmensführung einhält. Sowohl der Aufsichtsrat als auch das Beratergremium sind mit starker technischer und wirtschaftlicher Expertise besetzt. Wie bereits erwähnt ist das Management durch signifikante Anteile am Unternehmen richtig incentiviert.
Perspektive auf die Bewertung
Als Basis für unsere Investmentempfehlung haben wir ein Discounted Cashflow (DCF) Modell erstellt und Li-Cycles Finanzen über die kommenden Jahre modelliert. Unter der Annahme, dass Li-Cycles Hubs wie erwartet funktionieren und in Betrieb genommen werden, ergibt sich eine aus unserer Sicht sehr attraktive Bewertung, weswegen wir Li-Cycle ins 10xDNA-Portfolio aufgenommen haben.
Wichtige Meilensteine
Wir werden Li-Cycle weiter beobachten und unser DCF-Modell laufend anpassen. Wir werden dabei insbesondere auf das Erreichen folgender Meilensteine achten:
- Inbetriebnahme der Nordamerika-Spokes: Gilbert, Arizona in H1 2022 und Tuscaloosa, Alabama in Q3 2022
- Signifikante Fortschritte beim Bau des ersten Hubs in Rochester, New York in 2022 und Inbetriebnahme in 2023
- Konkretisierung der Planung der Expansion in Europa und Asien in 2022 und Beginn der Umsetzung in 2023
- Positive EBITDA-Margen ab 2023, positiver Cashflow ab 2024
- Verkündung weiterer Recycling-Partnerschaften und Kundenbeziehungen mit LIB- und E-Autoherstellern
Fazit
Li-Cycle ist das führende LIB-Recyclingunternehmen in Nordamerika und hat aufgrund seines effizienten hydrometallurgischen Recyclingprozesses, eines starken Teams und einer durchdachten Strategie in einem wachsenden Markt exzellente Zukunftsaussichten. Die Aktie ist ein Weg, um von der Energiewende und dem Boom der Elektromobilität zu profitieren und damit genau passend für das 10xDNA-Portfolio.
Wie steht ihr zu Li-Cycle und dem LIB-Recyclingmarkt? Teilt ihr unsere Meinung oder seht ihr das Unternehmen und den Markt ganz anders? Wir freuen uns über jede Art von Feedback, sei es über einen unserer Social-Media-Kanäle oder über info@10xdna.com.