WICHTIG: Die 10xDNA-Fonds sind derzeit nicht mehr in Proterra investiert. Die Gründe dafür haben wir in einem Post zur Auflösung der Position dargelegt.
Proterra ist ein spannendes Unternehmen aus dem Bereich Elektromobilität und seit den Anfangstagen Teil des 10xDNA-Portfolios. In diesem Artikel stellen wir das Unternehmen vor, erläutern unsere Investmenthypothesen und legen unsere Perspektive auf die Bewertung des Unternehmens dar.
Was macht Proterra?
Proterra ist einer der führenden Hersteller von elektrischen Stadtbussen, elektrischen Antriebssträngen und Ladeinfrastruktur in den USA. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Burlingame, Kalifornien, ging im Juni 2021 mittels eines SPAC-Mergers an die New Yorker Börse. Proterras Mission ist es, die Technologie von Elektrofahrzeugen voranzutreiben, um die weltweit leistungsstärksten Nutzfahrzeuge zu liefern.
Gegründet wurde Proterra in 2004 von Dale Hill, der zuvor bereits ein Busunternehmen für erdgasbetriebene Hybridbusse gegründet hatte. Von 2014 bis 2020 übernahm der inzwischen verstorbene Ryan Popple die Rolle als CEO, nachdem er zuvor von 2008 bis 2010 als Director of Finance bei Tesla angestellt war. Unter seiner Führung wurde Proterra zum größten Anbieter von elektrischen Stadtbussen in den USA. Heute wird Proterra von CEO Gareth Joyce und CTO Dustin Grace geführt. Joyce hatte zuvor hochrangige Positionen bei Daimler und Delta Air Lines, Grace bringt 8 Jahre Erfahrung aus der Batterieentwicklung bei Tesla mit.
Proterra ist aufgeteilt in drei Geschäftsbereiche: Proterra Transit, Proterra Powered und Proterra Energy.
Proterra Transit
Transit ist Proterras OEM-Geschäft für elektrische Stadtbusse, die vorwiegend im öffentlichen Nahverkehr in den USA eingesetzt werden. Als Proterras erstes Geschäftsfeld nach der Gründung machte Transit in 2021 mit einem Anteil von über 80% den Großteil des Unternehmensumsatzes aus. Bereits im Jahr 2008 wurde der erste Proterra-Bus “EcoRide” auf einer Automobilmesse vorgestellt und ein Jahr später an den ersten Kunden in Kalifornien ausgeliefert. Aktuell wird mit dem Modell “ZX5” die fünfte Generation des Busses produziert. Der Stadtbus ist in zwei Größen mit 10,6 m (29 Sitzplätze, bis zu 450 kWh Batteriekapazität und 385 km Reichweite) und 12,2 m Länge (40 Sitzplätze, bis zu 675 kWh Batteriekapazität und 525 km Reichweite) erhältlich. Insgesamt hat Proterra bis März 2022 mehr als 1.200 Stadtbusse an mehr als 130 private und öffentliche Kunden verkauft.
Proterra Powered
Powered ist Proterras Zuliefer-Sparte für elektrische Antriebsstränge kommerzieller Nutzfahrzeuge und wurde 2019 ins Leben gerufen. Das Angebot umfasst Batteriesysteme inklusive des zugehörigen Batteriemanagementsystems (BMS), der Leistungselektronik (Inverter, Controller etc.), Elektromotoren und andere Komponenten des Antriebsstrangs. Je nach Bedarf greifen Proterras Kunden auf alle oder nur Teile der genannten Komponenten zurück. Das Kernstück im Powered-Angebot sind die Lithium-Ionen-Batterien, die je nach Anwendungsfall mit Energiegehalten zwischen ca. 100 und 1.000 kWh ausgeliefert werden. Die flüssigkeitsgekühlten Batterien sind für unterschiedliche Zellchemien geeignet, modular und stapelbar gestaltet und die Subkomponenten der Batteriepacks werden in verschiedenen vorgegebenen Höhen, Breiten und Längen angeboten. So kann Proterra einerseits die Batterien flexibel und zielgerichtet auf Kundenbedürfnisse anpassen und andererseits die Produktion skalierbar halten. Bis Anfang 2022 hatte Proterra mehr als 400 elektrische Antriebsstränge an seine Kunden ausgeliefert.
Proterra Energy
Proterra Energy wurde etwa zeitgleich mit Powered ins Leben gerufen und bietet Komplettlösungen für die Ladeinfrastruktur von elektrischen Nutzfahrzeugen. Proterra bietet Ladeinfrastruktur-Hardware inklusive der Software “APEX” zur Steuerung und Optimierung der Ladevorgänge an. Bis Ende 2021 hatte Proterra Energy mehr als 60 MW an Ladeinfrastruktur installiert.
Proterra hat bereits drei Fabriken in Betrieb: In Kalifornien in der City of Industry bei Los Angeles (Transit und Powered) und Burlingame (Powered) sowie in South Carolina in Greenville (Transit). Eine weitere Batteriefabrik wurde Ende 2021 in Greer, South Carolina angekündigt, diese wird voraussichtlich noch in 2022 den Betrieb aufnehmen.
Aufgrund des starken Wachstums des E-Mobilitätsmarkts sowie Proterras technologischer Stärke erfährt das Unternehmen aktuell eine riesige Nachfrage in allen drei Sparten. Das zeigt sich unter anderem daran, dass sich Proterras Orderbuch zwischen Anfang 2021 und Anfang 2022 auf mehr als 1,3 Mrd. Dollar nahezu verdoppelt hat. Proterras Management plant den Gesamtumsatz von 243 Mio. Dollar in 2021 auf über 2,5 Mrd. Dollar Umsatz in 2025 zu erhöhen. Wir sehen Proterras Wachstum momentan hauptsächlich durch die eigene Produktion limitiert, die aktuell, wie unten näher beschrieben, mit Herausforderungen in den Lieferketten zu kämpfen hat.
Investmenthypothesen
Unsere Sicht auf Proterra basiert maßgeblich auf den folgenden fünf Investmenthypothesen:
- Batterieelektrische Antriebe werden bei Nutzfahrzeugen die dominierende Antriebsart werden
- Proterra wird der führende Hersteller von elektrischen Stadtbussen in den USA bleiben und stark von staatlichen Förderprogrammen und Regulierung profitieren
- Proterras Zuliefergeschäft profitiert von den Erfahrungen der Transit-Sparte und wird bis 2025 größer als das Busgeschäft
- Proterra Energy wird das kleinste Geschäftsfeld bleiben und hauptsächlich die Entwicklung von Transit und Powered unterstützen
- Proterras aktuelle Lieferkettenprobleme werden sich mittelfristig auflösen und der Umsatz wird in 2023 wieder deutlich steigen
Wie in unserem Deep Dive Artikel zur Elektromobilität beschrieben erwarten wir, dass batterieelektrische Antriebe den Verbrennungsmotor in PKWs über das nächste Jahrzehnt nahezu vollständig ersetzen werden. Hauptgründe, warum Batterien sich gegenüber Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen durchsetzen werden, sind aus unserer Sicht:
- die deutlich höhere Energieeffizienz von batterieelektrischen Antrieben gegenüber herkömmlichen fossilen Kraftstoffen und Wasserstoff
- die stetigen Verbesserungen in der Batterietechnik, die zu größeren Reichweiten und schnellerem Laden führen
- die sinkenden Kosten für Lithium-Ionen-Batterien, die seit 2010 bereits um ca. 90% gefallen sind
- der niedrigere Material- und Wartungsaufwand der Elektromotoren aufgrund geringerer technischer Komplexität verglichen mit Verbrennungsmotoren und Wasserstoffantrieben
Bei LKW und anderen Nutzfahrzeugen ist die Situation aufgrund der anderen Anforderungsprofile weniger eindeutig als bei PKW. Dennoch erwarten wir, dass sich auch hier der batterieelektrische Antrieb in den meisten Fällen durchsetzen wird, weil er ökonomisch schlicht die sinnvollste Alternative zum Verbrennungsmotor ist. Stadtbus-Reichweiten von 300 km bzw. 400 km, die Proterras ZX5-Bus problemlos erreichen kann, decken beispielsweise laut einer Untersuchung des deutschen Bus-Herstellers MAN bereits 89% bzw. 98% aller Anwendungsfälle ihrer Kunden ab. Antriebsarten wie Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe werden nur in Nischen mit speziellen Anforderungen zum Einsatz kommen, die batterieelektrische Antriebe beispielsweise aufgrund der inhärent geringeren Energiedichten oder eingeschränkten Lademöglichkeiten nicht bedienen können.
Wie vielseitig einsetzbar elektrische Antriebe bei Nutzfahrzeugen heute schon sind, zeigt auch der Blick auf Proterra Powered Kunden, die sich von Schulbussen über LKW unterschiedlichster Größen bis hin zu Hafen- und Baumaschinen erstrecken.
Risiken
Die fortschreitende Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen ist in unseren Augen unaufhaltsam. Ein Hauptrisiko besteht jedoch darin, dass aufgrund von Lieferkettenproblemen, z.B. bei Lithium-Ionen-Batterien, die Penetration der elektrischen Antriebe verlangsamt wird (siehe auch Hypothese 5). Diese Lieferkettenprobleme können aus geopolitischen, aber auch anderen Gründen entstehen.
Proterra Transit ist vorwiegend im US-amerikanischen Markt aktiv und hatte dort in den vergangen Jahren einen Marktanteil von ca. 50% bei elektrischen Stadtbussen. Wir erwarten, dass Proterra in den kommenden Jahren der führende Hersteller in den USA bleiben wird, wenngleich der Marktanteil mit der Zeit sinken dürfte.
Insgesamt sind in den USA ca. 65.000 Stadtbusse auf den Straßen unterwegs und diese Zahl wird über die nächsten Jahre voraussichtlich stabil bleiben. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von ca. 13 Jahren bedeutet dies, dass in den USA jedes Jahr ca. 5.000 Stadtbusse neu verkauft werden. Aktuell sind davon nur rund 10% elektrisch, der überwiegende Anteil nutzt weiterhin Verbrennungsmotoren. Aufgrund der allgemeinen Elektrifizierung des Straßenverkehrs sowie der staatlichen Förderung gehen wir davon aus, dass sich der Anteil elektrischer Antriebe bei neuen Stadtbussen auf 50% in 2025 verfünffachen wird. Die US-Regierung unterstützt dies unter anderem mit der in 2021 verabschiedeten milliardenschweren “Infrastructure Bill”, welche allein 2,5 Milliarden Dollar Förderung für elektrische Busse vorsieht, sowie einem weiteren kürzlich von Vize-Präsidentin Harris vorgestellten Aktionsplan zur Elektrifizierung des Straßenverkehrs. Kalifornien hat bereits in 2018 beschlossen, die gesamte öffentliche Busflotte bis 2040 vollständig zu elektrifizieren, was aufgrund der langen Lebensdauer der Busse effektiv bedeutet, dass in wenigen Jahren nur noch E-Busse verkauft werden können. In anderen US-Staaten gibt es bereits ähnliche Vorhaben.
Aufgrund dieses starken Wachstums ist der Markt für viele Spieler attraktiv und wird zunehmend kompetitiv. Proterras Hauptkonkurrenten in den USA sind zum einen etablierte US-Bushersteller, die sich aus ihrem bisherigen Geschäft mit Verbrennern in Richtung elektrischer Antriebe bewegen, darunter die NFI Group und Gillig. Zum anderen drängt der chinesische Hersteller BYD auf den amerikanischen Markt und versucht, mit niedrigen Preisen Marktanteile für sich zu gewinnen.
Proterra Transit ist verhältnismäßig stark vertikal integriert, d.h. es entwickelt, designt und fertigt einen Großteil der Komponenten in seinen Bussen selbst. Mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis des ZX5 von über 900.000 Dollar ist Proterra einer der hochpreisigen Anbieter in den USA. Die Busse setzen sich jedoch durch hohe Qualität, Sicherheit und starke Leistungsfähigkeit von der Konkurrenz ab. Ein Beispiel für diese Differenzierung ist die Nutzung von Karbonfasern in der Buskarosserie, die sich u.a. in einem niedrigen Gewicht und damit einhergehend einer hohen Reichweite und vorteilhaften Fahreigenschaften niederschlägt.
Proterras Stadtbusse nutzen die Antriebsstränge der Powered-Sparte, wodurch Synergieeffekte entstehen. Dies dürfte mittelfristig die Produktionskosten bei Transit spürbar senken, da die Antriebsstränge genau wie bei PKW einen erheblichen Teil der Gesamtkosten eines Busses ausmachen. Neben der technischen Stärke spielt es Proterra Transit außerdem in die Karten, dass die Busse in den USA produziert werden. Dadurch profitiert das Unternehmen von Gesetzen, die US-Anbieter bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugen, was insbesondere gegenüber Konkurrenten, die im Ausland produzieren, einen klaren Wettbewerbsvorteil darstellt.
Proterra hat laut eigener Angaben bereits heute eine Produktionskapazität von 680 Bussen pro Jahr, welche aktuell jedoch nur zu weniger als einem Drittel ausgelastet ist. Dies hat nicht mit mangelnder Nachfrage zu tun, sondern hängt hauptsächlich mit äußeren Faktoren wie den bereits erwähnten Lieferkettenproblemen zusammen (siehe Hypothese 5). Für 2025 rechnen wir in unserem 10xDNA-Bewertungsmodell mit 750 verkauften Bussen und einem Umsatzanteil der Transit-Sparte von ca. 35%.
Alles in allem sehen wir Proterra Transits Marktposition als überaus stark an und sind überzeugt, dass es über die nächsten Jahre weiter wachsen und der führende OEM für Stadtbusse in Nordamerika bleiben wird.
Risiken
Ein Risiko ist beispielsweise der Wegfall staatlicher Förderungen der Elektrifizierung, sollte eine neue US-Regierung mit weniger elektrifizierungsfreundlichen Positionen gewählt werden. Aufgrund der vielen Vorteile selbst ohne jegliche staatliche Unterstützung dürfte der Trend zur Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs aber grundsätzlich anhalten. Wir halten das Risiko daher für überschaubar. Durch die große Konkurrenz könnte sich mit der Zeit ein Preiskampf entwickeln, der Druck auf die Margen ausübt. Da der Markt für Elektrobusse aktuell aber stark angebotslimitiert ist, sehen wir auch dieses Risiko mittelfristig als gering an. Ebenfalls zu erwähnen ist das Risiko gestörter Lieferketten, auf das wir in Hypothese 5 näher eingehen.
Das Know-How aus der Transit-Sparte bedeutet für Proterra einen großen Wettbewerbsvorteil im Zuliefergeschäft. Das erkannte auch der damalige CEO Ryan Popple, der die Entscheidung traf, dort einzusteigen. Da Proterra selbst als E-Bus-OEM fungiert, sammelt es viele Daten und Erfahrungen mit den für die eigenen Busse entwickelten Antriebsstrangkomponenten und kann diese stetig weiter verbessern. Das Team kennt die Bedürfnisse eines OEMs sehr genau und kann das Angebot darauf zuschneiden. Für neue Spieler am Markt bedeutet dies eine erhebliche Eintrittsbarriere.
Technisch setzt Proterra auf höchste Leistungsfähigkeit, Haltbarkeit und Sicherheit der Antriebsstränge. Wie auch in der Transit-Sparte hat Powered eine starke vertikale Integration und entwickelt viele Komponenten, insbesondere die Batteriepacks und Elektromotoren, selbst. Eine entscheidende Ausnahme sind die Batteriezellen, also die Grundbausteine der Batteriepacks, die Proterra langfristig von dem zweitgrößten Batteriehersteller der Welt, LG Energy Solutions, bezieht. Wir können diese Entscheidung nachvollziehen, da die Entwicklung von Batteriezellen extrem aufwändig ist und die großen Batteriehersteller aufgrund von Skaleneffekten enorme Kostenvorteile haben, die Proterra nicht erreichen könnte. Die Powered-Produktion weist einen höheren Automatisierungsgrad auf als die Transit-Sparte und kann somit effizient skaliert werden.
Übereinstimmend mit unserer Hypothese 1 hat Proterra Powered bereits Kunden in vielen verschiedenen Nutzfahrzeugklassen gewonnen. Sie reichen von Weltkonzernen wie Komatsu über Startups wie Volta Trucks bis hin zu Thomas Built Buses, einer Tochterfirma des großen Bus- und LKW-Herstellers Daimler Truck. Proterra operiert mit seiner Powered-Sparte auch außerhalb Nordamerikas, mit Anadolu Isuzu und BusTech werden beispielsweise Bushersteller in der Türkei und Australien beliefert.
All diese Unternehmen haben sich bei einem der wertvollsten Teile des Fahrzeugs, dem elektrischen Antriebsstrang, für Proterra entschieden. Grund dafür ist, dass insbesondere für kleinere Nutzfahrzeug-OEMs die Entwicklung eines eigenen elektrischen Antriebsstrangs aufwändig und teuer wäre. Wir sehen das Zuliefergeschäft für diese kleinen und mittelgroßen OEMs in der Zukunft als Kernmarkt für Proterra. Dass zusätzlich auch große Spieler wie Komatsu oder Daimler einen derart großen Teil der Wertschöpfung bei ihren batterieelektrischen Fahrzeugen auslagern, zeigt, wie attraktiv Proterras Angebot für verschiedenste Zielgruppen ist.
Proterra Powereds Konkurrenz kommt aus verschiedenen Richtungen:
- Neue Spieler, die seit kurzem in den Markt für elektrische Nutzfahrzeuge eingetreten sind, z.B. Romeo Power
- Etablierte Automobilzulieferer, die auch elektrische Antriebsstränge entwickeln, z.B. BorgWarner und Cummins
- Nutzfahrzeug-OEMs, die eigene Antriebsstränge entwickeln, z.B. Daimler, Volkswagen und Volvo
Proterra Powered hat aktuell in den kalifornischen Fabriken in Burlingame und City of Industry insgesamt eine jährliche Batterieproduktionskapazität von ca. 1 GWh. Ausgehend von einer durchschnittlichen Batteriegröße von 250 kWh pro Fahrzeug entspricht dies ca. 4.000 Fahrzeugen jährlich, die mit Proterra Powereds Batteriesystemen ausgestattet werden können. Die Ende 2021 angekündigte Fabrik in Greer, South Carolina, wird ab der zweiten Hälfte 2022 Batterien produzieren und hat eine geplante Kapazität von “mehreren Gigawattstunden” pro Jahr, wodurch sich die Powered-Kapazität bald vervielfacht und der starke Wachstumskurs unterstützt wird. Wir erwarten, dass Proterra im Jahr 2025 etwa 17.000 Antriebsstränge verkaufen wird, womit die Powered-Sparte ca. 60% am Gesamtumsatz ausmachen wird.
Risiken
Das Hauptrisiko für Proterra Powered sind aus unserer Sicht die großen Nutzfahrzeug-OEMs, die eigene Antriebsstränge entwickeln. Entscheidend für Proterras Potential wird sein, wie groß das Interesse dieser OEMs ist, angepasste elektrische Antriebsstränge als Zulieferer an kleinere OEMs zu verkaufen. Die große Finanzkraft und das technische Knowhow großer OEMs würde für Proterra ernstzunehmende Konkurrenz bedeuten, sollten sie den gleichen Markt für erstrebenswert erachten. Da selbst die Daimler-Töchter Thomas Built Buses und Freightliner Custom Chassis ihre Antriebsstränge von Proterra beziehen und Daimler auch Investor bei Proterra ist, sehen wir aktuell jedoch eine starke Positionierung und Differenzierung Proterras in diesem Markt.
Wie im Transit-Bereich sind auch die Lieferketten ein mögliches Risiko für den anvisierten Wachstumskurs der Powered-Sparte, siehe dazu unsere Hypothese 5.
Seit dem Einstieg ins Geschäft mit Ladeinfrastruktur 2019 bietet Proterra verschiedene Ladelösungen an, mit denen Kunden das Laden einzelner Fahrzeuge oder einer ganzen Flotte überwachen und steuern können. Die Produktpalette umfasst Ladesäulen mit Leistung zwischen 60 und 180 kW für kleine Flotten sowie Ladesäulen für große Flotten im Megawatt-Bereich, die jeweils am Boden, an der Wand oder an der Decke montiert werden können, um die spezifischen Anforderungen der Kunden zu erfüllen.
Die Ladeinfrastruktur kann optional mit zusätzlicher Batterie als Zwischenspeicher geliefert werden. Proterras cloudbasierte APEX-Software steuert und optimiert die Ladevorgänge der Zwischenspeicher und Fahrzeugbatterien und ermöglicht auch Vehicle-2-Grid Funktionalitäten, bei denen die Batterien in Fahrzeugen als Energiespeicher im Stromnetz dienen, beispielsweise während das Fahrzeug über Nacht nicht genutzt wird. Letzteres ist zum einen eine durch E-Fahrzeuge ermöglichte neue Einnahmequelle für die Betreiber und zum anderen dürfte diese Funktionalität zur Stabilität der Stromnetze und damit der gesellschaftlichen Akzeptanz der E-Mobilität beitragen.
Energy profitiert von Proterras Erfahrungen in den anderen beiden Sparten und kann so überzeugende, auf Kundenbedürfnisse abgestimmte Lösungen anbieten. Die Möglichkeit, passende Ladeinfrastruktur, Fahrzeuge und Antriebsstränge über einen Anbieter zu beziehen, stellt ein weiteres Verkaufsargument für Proterra dar und gewährleistet uneingeschränkte Kompatibilität und unkomplizierte Inbetriebnahme für Kunden. Dass der Schulbusanbieter Thomas Built Buses in seiner Broschüre nicht nur für seine eigenen Busse, sondern auch für Proterras Ladestationen als “einfache, schnelle und effiziente” Ladelösung bewirbt, stützt aus unserer Sicht diese These.
Anders als die anderen Sparten ist Proterra Energy wenig vertikal integriert. Für die Entwicklung und Produktion der Ladeinfrastruktur wurde eine Partnerschaft mit dem externen Zulieferer Power Electronics eingegangen. Einzig die APEX-Software wird in-house von Proterra entwickelt und Kunden über ein as-a-service Geschäftsmodell zur Verfügung gestellt.
Lademöglichkeiten spielen eine entscheidende Rolle beim Wechsel von Verbrennungsmotoren hin zu batterieelektrischen Antrieben und der Markt für Ladeinfrastruktur wird entsprechend mit dem Fahrzeugmarkt stark wachsen. Der Ausbau der US-Ladeinfrastruktur wird in dem bereits erwähnten “Infrastructure Bill” über die nächsten Jahre mit weiteren 7,5 Milliarden Dollar gefördert.
Wir erwarten, dass Proterra Energy vom Wachstum der Sparten Transit und Powered profitieren wird und den Umsatz in 2025 gegenüber 2021 in etwa verdreifachen wird. Der Anteil der Energy-Sparte am Gesamtumsatz in 2025 wird jedoch mit ca. 5% niedriger als heute bleiben. Aus unserer Sicht ist das Energy-Geschäft für Proterra vornehmlich “Mittel zum Zweck”, um das Angebot im Bereich Transit und Powered zu komplementieren und aufzuwerten.
Risiken
Die zunehmende Standardisierung und Kommodifizierung des Marktes für Ladeinfrastruktur ist das Hauptrisiko für Proterra Energy. Diese Entwicklung verhindert aus unserer Sicht langfristig attraktive Gewinnmargen und erschwert echte Differenzierbarkeit.
Im Earnings Call zum vierten Fiskalquartal 2021 bestätigte Proterras Management massive Probleme mit den Lieferketten. Unter anderem sorgten fehlende Kabelbäume für Produktionsausfälle und stark gestiegene Kosten für niedrigere Gewinnmargen. Als Grund wurde das Zusammenkommen mehrerer Faktoren genannt: Verzögerungen in der internationalen Logistik, allgemeine Preisinflation bei Materialien, Bauteilen und Transportkosten sowie COVID-bedingte Ausfälle in den eigenen Fabriken und bei Zulieferern.
Diese Herausforderungen betreffen im Moment nahezu alle Unternehmen in der Automobilbranche weltweit, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Da sich viele dieser Probleme kurzfristig nicht auflösen werden und zwischenzeitlich mit dem Krieg in der Ukraine noch eine weitere geopolitische Krise hinzugekommen ist, ist zu erwarten, dass die Störungen möglicherweise bis Ende 2022 anhalten und vorübergehend sogar noch schlimmer werden können. Entsprechend hat Proterra den Umsatzsausblick für 2022 nur mit 300 bis 325 Mio. Dollar angegeben, was signifikant unter unseren und den Konsenserwartungen anderer Marktteilnehmer von über 400 Mio. Dollar lag.
Auch wenn dieser Ausblick auf 2022 kurzfristig keinen positiven Katalysator für den Aktienkurs darstellt, so ändert er nichts an unserer langfristigen Überzeugung. Wir erwarten, dass Proterras starkes Team die Probleme nach und nach bis Ende 2022 oder Anfang 2023 unter Kontrolle bringen wird. Positiv schätzen wir zudem ein, dass sich Proterra im langfristig vermutlich kritischsten Bereich der Lieferkette – der Versorgung mit Batteriezellen – bereits einen langjährigen Liefervertrag mit LG Energy Solutions bis ins Jahr 2028 gesichert hat. Dies könnte sich über die nächsten Jahre insbesondere gegenüber kleineren Konkurrenten im Markt als signifikanter Wettbewerbsvorteil herausstellen.
Sobald die Lieferkette nicht mehr der limitierende Faktor ist, kann Proterra mit der heute bereits vorhandenen Fabrikkapazität und dem vollen Orderbuch die Produktion innerhalb relativ kurzer Zeit und ohne größere Capex-Investments massiv erhöhen. In der Transit-Sparte muss laut CEO Gareth Joyce beispielsweise nur eine zweite Schicht in den bestehenden Werken eingeführt werden, um die Produktion zu verdoppeln. Sobald dies angekündigt wird, sehen wir Potential für deutliche Kursanstiege.
Risiken
Trotz unseres konstruktiven Blicks in die Zukunft ist es schwierig, vorherzusehen, wie sich die Lage in den globalen Lieferketten und Krisenherden wie dem Krieg in der Ukraine weiter entwickeln wird. Klar ist, sollten die Lieferkettenprobleme beispielsweise durch weitere COVID-Ausbrüche oder andere wirtschaftliche bzw. geopolitische Krisen weit über 2022 hinaus anhalten, so könnte sich Proterras Wachstumstrajektorie deutlich verlangsamen, was auch den Aktienkurs unter Druck bringen kann.
ESG-Bewertung
Proterra wird aktuell (Stand Januar 2022) vom US-Finanzdienstleister MSCI mit der Benotung “BBB” geführt, was das Unternehmen im Mittelfeld der bewerteten Unternehmen in der gleichen Industrie einordnet. Aus unserer Sicht ist Proterra ein gutes Beispiel für ESG-konformes Investieren.
Environment
Der Straßenverkehr stößt ca. 15% aller globalen CO2-Emissionen aus. Mit seinem Geschäftsmodell trägt Proterra dazu bei, die Nutzung umweltschädlicher fossiler Brennstoffe für den Antrieb von Nutzfahrzeuge zu reduzieren und durch emissionsfreie batterieelektrische Antriebe zu ersetzen. Proterra hat zudem mit der Zertifizierung nach ISO 14001:2015 nachgewiesen, dass sie kontinuierlich daran arbeiten, negative Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren.
Dennoch erreicht Proterra derzeit im MSCI-Rating nur eine unterdurchschnittliche Bewertung im Bereich Umwelt. Ähnlich wie Tesla hat Proterra bislang keine klaren Emissionsreduktionsziele veröffentlicht, was zu Abwertungen in der MSCI-Logik führt. Da das Unternehmen aufgrund der elektrischen Antriebe jedoch nur geringe Scope-3-Emissionen bei der Nutzung seiner Produkte verursacht, und durch den Beitrag zur Elektrifizierung des Straßenverkehrs einen großen positiven Einfluss auf die Umweltbilanz der gesamten Automobilbranche hat, sehen wir dies nicht als gewichtigen Kritikpunkt an. In unseren Augen ist die Ökobilanz Proterras bereits positiv, wir erwarten aber genau wie MSCI vom Management eine weitere stetige Verbesserung.
Social
Proterra hat mittlerweile knapp 900 Stellen geschaffen, viele davon hochqualifiziert. Von politischer Seite wird Proterra als ein Unternehmen gesehen, das die Lebensqualität in Gemeinden erhöht und viele hochwertige Arbeitsplätze in den USA schafft. Proterras Stellen in der Produktion sind zum Teil von einer US-Industriegewerkschaft vertreten und mit langfristigen Tarifverträgen ausgestattet. Proterra engagiert sich zudem laut eigenen Aussagen stark, um ein sehr attraktiver und fairer Arbeitgeber zu sein.
Trotz dieser positiven Aspekte erfährt Proterra auch im Bereich Social Abwertungen von MSCI, da das Management weitere Schritte unternehmen sollte, um den Einfluss auf Mitarbeiter, Zulieferer und Gesellschaft zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise die Bezahlung von mehr Mitarbeitern über variable Vergütungsmodelle, abgestimmt auf die Interessen der Firma, sowie Programme zur Überwachung und Aufrechterhaltung der Mitarbeiterzufriedenheit. Wir erachten diese Punkte ebenfalls für sinnvoll, sehen sie jedoch anders als MSCI nicht als Voraussetzung für eine positive Einschätzung der sozialen Auswirkungen des Unternehmens.
Governance
Im Bereich Unternehmensführung schneidet Proterra im MSCI-Rating sehr gut ab und liegt im höchsten Quartil aller bewerteten Unternehmen. Hervorgehoben wird unter anderem die Unabhängigkeit des Aufsichtsgremiums, die eine effektive Kontrolle der Vorstandsmitglieder sicherstellt. Die Bezahlung der Vorstandsmitglieder steht laut MSCI im Einklang mit den Interessen der Aktieninhaber. Alles in allem gibt es auch aus unserer Sicht aktuell keine relevanten Probleme bei Proterras Unternehmensführung.
Wie steht ihr zu Proterra und dem Markt für elektrische Nutzfahrzeuge? Teilt ihr unsere Meinung oder seht ihr das Unternehmen und den Markt ganz anders? Wir freuen uns über jede Art von Feedback! Schreibt uns über einen unserer Social-Media-Kanäle oder über info@10xdna.com.