TEQ Capital in China: Besuch der TechNet-Konferenz von Goldman Sachs

FinVolution Qifu Technology

Auch in diesem Jahr waren Marvin Wenserski, CFA und Dr. Justus Gätjen auf Einladung von Goldman Sachs bei der TechNet-Konferenz in Shanghai dabei. Für TEQ Capital war dies die zweite Teilnahme an diesem Veranstaltungsformat in China. Die Konferenz bot nicht nur spannende Einblicke in aktuelle makroökonomische Entwicklungen, sondern auch in Chinas wachsende Rolle als globaler Technologie- und Innovationsstandort. Unsere wichtigsten Erkenntnisse teilen wir im Folgenden:

Chinas Innovationskraft trifft auf geopolitische Unsicherheiten

Die chinesischen Unternehmen präsentierten sich auf der Konferenz mit großem Selbstbewusstsein. Das Land sieht sich zunehmend als eigenständigen Innovationsmotor. Der technologische Fortschritt wird dabei nicht nur als wirtschaftliches Ziel, sondern als strategisches Element der geopolitischen Positionierung verstanden. Gerade in Bereichen wie Halbleiter, KI, Robotik und autonomes Fahren entwickelt sich ein hochdynamisches Ökosystem mit enormem Tempo.

Bemerkenswert: Viele Technologien – etwa im Bereich generativer KI oder Edge-Chips – entwickeln sich in einer Weise weiter, die stark auf Eigenständigkeit abzielt. Zwar ist China im Cloud-Computing und bei Rechenleistung noch im Nachteil, jedoch ist fraglich, wie lange der Westen seinen Vorsprung halten kann. Die globale Konkurrenz – insbesondere aus den USA – wird aufmerksam beobachtet, aber nicht gefürchtet.

Gleichzeitig wurde deutlich, dass die viel diskutierte wirtschaftliche Entkopplung („Decoupling“) zwischen den USA und China nicht flächendeckend erfolgen wird. Stattdessen etabliert sich ein strategisch-selektives Decoupling – besonders relevant für Sektoren wie Halbleiter, kritische Infrastruktur oder KI. Für Investoren bedeutet dies: differenzierte Analysen werden wichtiger denn je.

Im Gegensatz zu den USA, die über ein jahrzehntelang gewachsenes und etabliertes Software-Ökosystem im B2B-Bereich verfügen – man denke an Salesforce, Oracle etc. – und damit (generative) KI besonders effektiv einsetzen können, ist dies in China nicht der Fall. Chinesische KI-Unternehmen fokussieren sich aktuell vor allem auf den B2C-Bereich (zum Beispiel Chatbots oder autonomes Fahren), in dem sie weltweit führend sind.

Skyline von Shanghai. Quelle: Eigene Aufnahme
Skyline von Shanghai. Quelle: Eigene Aufnahme

Autonomes Fahren & Robotik: Pony.ai als Beispiel für Skalierung aus China

Ein Highlight der Konferenz war das Gespräch mit dem Gründer von Pony.ai. Das Unternehmen zeigte eindrucksvoll, wie Skalierung im Bereich autonomes Fahren konkret aussehen kann: Mit einem klaren Kostenpfad (1 RMB/km) und Plänen für 70.000 Fahrzeuge bis 2029 ist Pony.ai ein Beispiel für Chinas Ambitionen, autonome Mobilität wirtschaftlich zu betreiben. Der Beweis muss jedoch erst noch geliefert werden!

Fireside-Chat mit Gründer und CEO von Pony.ai. Quelle: Eigene Aufnahme
Fireside-Chat mit Gründer und CEO von Pony.ai. Quelle: Eigene Aufnahme

Die Gen7-Plattform des Unternehmens zeigt, wie durch Standardisierung und Eigenentwicklung die Kosten im Vergleich zur vorherigen Generation um mehr als 60% gesenkt werden konnten – bei gleichzeitig höherer Zuverlässigkeit und Integrationstiefe. Gleichzeitig setzt Pony.ai Expansion mit starker lokaler Verankerung und globalen Partnerschaften. Internationale Märkte wie der Nahe Osten und Europa stehen auf der Roadmap.

Zudem konnten wir in Gesprächen mit Vertretern anderer Unternehmen (z.B. von Horizon Robotics) und anderen Investoren das Potenzial autonom fahrender Autos in China und unterschiedlicher technologischer Ansätze diskutieren.

Bestätigung unserer Hypothesen bestehender Portfoliounternehmen

Mit Qifu Technology und FinVolution waren zwei unserer bestehenden Portfoliounternehmen auf der Konferenz vertreten – beide mit spannenden Perspektiven, die wir in den Gesprächen mit den Finanzvorständen beider Unternehmen vertiefen konnten. Beide Finanzdienstleistungsunternehmen überzeugen durch hohe Profitabilität und Umsetzungsstärke. Die Stimmung im chinesischen Konsumentenkreditmarkt habe sich nach den jüngsten geopolitischen Turbulenzen wieder etwas stabilisiert.

Während sich Qifu Technology weiterhin auf den risikobewussten Ausbau des Kreditvergabegeschäfts in China fokussiert, erwartet das Management mittelfristig zusätzliche Wachstumsimpulse durch die Lizenzierung von Teilen der eigenen Software an Kunden aus dem Finanzbereich sowie durch internationale Expansion. So steht beispielsweise Wachstum in Großbritannien auf der Agenda. Die Kreditvergabe- und -bewertungsmodelle sind von außen zwar schwer zu evaluieren, doch die jüngsten Ergebnisse des Unternehmens zeigen, dass sie außerordentlich gut funktionieren und in der Branche geschätzt werden.

CFO Alex Xu beschrieb das Wachstumsmodell von Qifu als Ein-Kern-Zwei-Flügel-Strategie; Quelle: Qifu Technology
CFO Alex Xu beschrieb das Wachstumsmodell von Qifu als Ein-Kern-Zwei-Flügel-Strategie; Quelle: Qifu Technology

FinVolution überzeugte uns neben einer soliden Kreditperformance im Inland vor allem durch seine starke Position im südostasiatischen Markt, insbesondere in Indonesien und auf den Philippinen. Das Unternehmen plant, bis 2030 rund 50% seines Umsatzes außerhalb Chinas zu erwirtschaften (aktuell sind es ca. 20 %) – ein ambitionierter Schritt. In Indonesien befindet sich das Unternehmen in Bezug auf das vergebene Kreditvolumen auf dem dritten Platz, auf den Philippinen ist die Plattform führend (gemessen an den App-Downloads). Diese Märkte sind zwar enorm komplex, was in den letzten Monaten zu einer gewissen Marktbereinigung zugunsten von FinVolution geführt hat, sie bieten aber gleichzeitig enormes Potenzial. Beide Länder verfügen über eine langfristig attraktiv wachsende Volkswirtschaft bei einer geringen Penetration durch klassische Banken und einen hohen Anteil des informellen Sektors an der Wirtschaftskraft. Der bisherige Erfolg von FinVolution zeigt, wie gut digital aufgestellte Plattformmodelle dort unter auch anspruchsvollen regulatorischen Bedingungen skalieren können.

Wir gingen mit einem guten Gefühl aus den Gesprächen mit dem Management beider Unternehmen.

Hohe Technologie-Affinität trifft auf geringe westliche Präsenz

Der Digitalisierungsgrad chinesischer Unternehmen war auf der Konferenz eindrucksvoll – ob bei autonomem Fahren, humanoider Robotik oder AI-Chipdesigns. Dabei fiel uns auf: Westliche Investoren waren überraschend wenig vertreten. In vielen Gesprächen wurde deutlich, dass geopolitische Spannungen und regulatorische Unsicherheiten viele internationale Investoren (noch) auf Distanz halten. Dies spiegelt sich auch in den Bewertungsniveaus vieler chinesischer Aktien wider.

Ein humanoider Roboter der Firma UBTech – bisher noch mit begrenztem Anwendungsbereichen, jedoch hohem Potential. Quelle: Eigene Aufnahme
Ein humanoider Roboter der Firma UBTech – bisher noch mit begrenztem Anwendungsbereichen, jedoch hohem Potential. Quelle: Eigene Aufnahme

Unser Fazit

China als Investitionsziel: Komplex, aber nicht zu ignorieren

Die Goldman Sachs TechNet-Konferenz hat uns einmal mehr gezeigt: China ist nicht nur ein relevanter Absatzmarkt – es ist längst auch ein eigenständiger Innovationsstandort. Die Kombination aus hoher Technologie-Affinität, wachsender Binnenkaufkraft und gezielter staatlicher Unterstützung macht den Markt spannend – trotz geopolitischer Risiken.

Für TEQ Capital ist klar: Wer heute in globale Technologie investieren will, kommt an China nicht vorbei. Gleichzeitig erfordert dieser Markt ein hohes Maß an Differenzierung, lokales Verständnis und Risikosensibilität. Unsere Gespräche und Beobachtungen vor Ort werden wir in unsere Analysen und Investmentprozesse einfließen lassen.

Wir freuen uns auf die weiteren Entwicklungen – und bleiben dran.

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